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Wortlautgrenze und Wörterbuch

 

Ralph Christensen und Christian Kübbeler

29. März 2011

urn:nbn:de:hbz:38-75143

 


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Inhaltsverzeichnis

1. Zahngold aus dem Krematorium

2. Die Wortlautgrenze steht nicht im Buch

3. Die Wortlautgrenze steht im Streit

4. Die Wortlautgrenze als wirksame Fiktion

4.a) Sprache und Gewalt

4.b) So tun, als ob

4.c) Die Wortlautgrenze als semantische Praxis

5. Bibliografie

 

<1>

Wortlautgrenze ist ein Wort, das nur Juristen verstehen. Gemeint ist damit eine Kontrollinstanz für die Auslegung von Gesetzen. Auch in anderen Wissenschaften gibt es Kriterien für die Angemessenheit einer Textinterpretation. Aber weder in der Literaturwissenschaft noch in der Linguistik oder Medientheorie würde man von einer Grenze des Wortlauts sprechen. Es geht also um das der Jurisprudenz Eigene. Manchmal haben Juristen aber das Bedürfnis, die eigenen Angemessenheitskriterien durch Importware zu ersetzen, wobei es dann zu interessanten Missverständnissen kommt. Diese liegen meist darin, dass man eine Grenze, die im Handeln zu ziehen ist, zu einer Grenze machen möchte, die dem Handeln vorgegeben ist.

 

1. Zahngold aus dem Krematorium

<2>

Bei der Einäscherung Verstorbener bleibt Zahngold übrig. Darin sehen Friedhofsbedienstete manchmal eine Gelegenheit zum Nebenverdienst. Die Strafbarkeit dieses Tuns ist unumstritten, es fragt sich aber, wie zu bestrafen ist. Das Oberlandesgericht (OLG) Bamberg 1 bestraft eine Störung der Totenruhe, während das OLG Nürnberg 2 einen Verwahrungsbruch bestrafen will. Die zwischen den Gerichten streitige Frage, ob das Zahngold des Verstorbenen zur Asche gehört, oder sich in der Asche befindet, wird vom OLG Bamberg nach allen vier Canones der Auslegung untersucht. Im Rahmen der grammatischen Auslegung verwendet es auch zwei Wörterbücher, nämlich das Duden Wörterbuch und Meyers Enzyklopädisches Lexikon. 3 Danach sei unter Asche das zu verstehen, was vom verbrannten Material übrig bleibt. Eine Beschränkung auf bestimmte Arten von Verbrennungsrückständen (etwa auf solche, die vom Verbrennungsvorgang nicht tangiert wurden) sei dem Begriff nicht zu entnehmen. Die Richtigkeit dieses Ergebnisses wird dann nach Gesetzesmaterialien und historischer Auslegung bestätigt, wonach durch die Aufnahme der Asche in den Text des Gesetzes der Schutz gerade verstärkt werden sollte. Auch die subjektiv teleologische Auslegung unterstützt diese Lesart, weil die Asche des Verstorbenen genauso geschützt werden sollte, wie der Leichnam bei der Erdbestattung. Ein Unterschied war danach vom Gesetzgeber nicht gewollt. Die objektiv teleologische Auslegung entwickelt den Schutzzweck des § 168 StGB aus dem systematischen Zusammenhang mit den Grundrechten und leitet ihr Ergebnis aus einer über den Tod hinaus zu schützenden Würde des Menschen ab. 4

<3>

Das OLG Nürnberg zählt zur Asche nur, was vom Verbrennungsvorgang erfasst wird. Dieser Wortsinn sei die äußerste Grenze richterlicher Interpretation:

"Bei der Bestimmung des maßgeblichen Wortsinns ist auf die Bedeutung eines Ausdrucks oder Wortverbindung im allgemeinen Sprachgebrauch abzustellen." 5

Wer definiert den allgemeinen Sprachgebrauch? In der sprachlichen Praxis findet man immer nur eine Vielzahl von in sich widersprüchlichen Verwendungsweisen, welche nur vorsichtige und sehr begrenzte systematische Verknüpfungen zulassen. Dieses Problem jeder Lexikografie verschwindet aber völlig aus der Sicht des Gerichts, wenn es nach dem allgemeinen und homogenen Sprachgebrauch der Gegenwart sucht. Nun hat die Gegenwart noch niemand sprechen hören, so dass man auf die Methode zur Ermittlung dieses Sprachgebrauchs gespannt ist. Jedenfalls wäre zu erläutern, wie zu erkennen ist, welche der widersprüchlichen Verwendungsweisen als falsch und welche als richtig gelten sollen.

<4>

Das Gericht verwendet drei Wörterbücher und drei Enzyklopädien, um dann eine gemeinsame Schnittmenge zu bilden. Hinsichtlich des zurückbleibenden Goldes liegt nach all diesen Definitionen keine Asche vor. Aber bereits in den historischen Quellen, die das OLG selber zur Untermauerung seiner These anführt, finden sich deutliche Unterschiede in der Aschedefinition. Manche betrachten nur Verbrennungsrückstände organischer Materie als Asche; andere treffen diese Einschränkung auf organische Materie nicht. Eine Definition setzt sogar die Verbrennung pflanzlicher oder tierischer Materie voraus. Da die in der Biologie vorgenommene Einordnung des Menschen als Tier nicht generalisiert werden kann, wäre nach der Definition schon fraglich, ob bei der Einäscherung Verstorbener überhaupt Asche entsteht. Es zeigt sich also schnell, der Einklang im Wortverständnis, der hier dargelegt werden sollte, existiert gar nicht.

<5>

Wie wäre nach dem OLG mit solchen Differenzen umzugehen? Nach seinem Verständnis zieht der Wortlaut Asche eine Grenze. Es betrachtet die Erläuterungen, die es in den Wörterbüchern vorfindet, als Definition im eigentlichen Sinne. Abgeleitet ist der Begriff der Definition vom lateinischen Wort definitio, welches Abgrenzung bedeutet. Sie zeigen also auf, welche Fälle in Abgrenzung zu den nicht genannten Fällen von dem definierten Begriff erfasst sind. Das Gold sei nicht erfasst, weil keines der Definitionen die Subsumtion zulassen würde. Daher sei die Grenze des Wortlautes überschritten, würde man das Gold zur Asche zählen. Würden die Definitionen ausgrenzen, so würden sie sich aber auch selber ausgrenzen, denn unter zwei inhaltlich divergierenden Definitionen ist eine falsch. Würde man eine Lesart als falsch einordnen, müsste man sich im nächsten Schritt fragen, ob sich dieses Wörterbuch damit nicht bereits als Quelle disqualifiziert hat. Im Ergebnis kann daher nicht der kleinste gemeinsame Nenner schon die Grenze darstellen sein.

<6>

Es verbliebe auf der Suche nach der ausgrenzenden Definition eines Begriffs, nur der Weg über die Fusion der Einträge in den Wörterbüchern. Man fragt sich, wie dieser Fusionsprozess ablaufen soll. Da das OLG bei diesem Fall in der glücklichen Lage war, die Beantwortung der Frage durch erfolgreiche Subsumtion unter jeden einzelnen Wörterbucheintrag zu umgehen, bleibt dies offen. Einzig seine Motivation lässt sich aus dem Urteil entnehmen. Seine Vorstellung ist offenbar, dass eine gelingende Verständigung eine gemeinsame Sprache voraussetzt. Diese wäre dann so etwas wie die gemeinsame Schnittmenge aller Sprecher. Man kann mit diesem Ansatz das Sprechen von der Sprache her begreifen und sie reicht für viele Bedürfnisse des Alltagsverstands. Thomas Mann schildert im Zauberberg Frau Stöhr, deren Verwendung von Fremdwörtern immer wieder die Sprachkompetenz der anderen Gäste im Speisesaal herausfordert. Mit der allgemeinen Sprache der Gegenwart könnte man etwa Frau Stöhr erklären, dass jemand, der unverschämt ist, nicht insolvent, sondern insolent ist. Aber man könnte nicht erklären, wieso wir Frau Stöhr und ihren Malapropismus verstanden haben. Die im Alltagtagsverstand immer schon vorausgesetzte gemeinsame Sprache wird damit zum unerklärbaren Erklärungsgrund. Sie ist einfach da, wie die Natur und erklärt das Verhalten der Sprecher.

<7>

Die Überhöhung der Sprache zum Naturgegenstand soll das Gewicht juristischer Begründungen steigern. Der entscheidende Senat will darlegen, dass der abweichende Sprachgebrauch anderer Gerichte und wissenschaftlicher Kommentare die Wortsinngrenze überschreitet. Dazu müsste man den Wortsinn dem juristischen Streit entziehen und überordnen können. Wie will man aber einem verständlichen Sprachgebrauch die Berechtigung absprechen? Wenn der Sprachgebrauch in der gemeinsamen Schnittmenge einiger Lexika liegt, kann man abweichende Verwendungen aus der Sprache ausschließen und eine Grenze feststellen, ohne dafür argumentieren zu müssen:

"Die von der Kammer in Anknüpfung an ein Urteil des OLG Bamberg vom 29.01.2008 (NJW 2008, 1543, 1544; ebenso Fischer, StGB 56. Aufl., § 168 Rn. 7; Dippel, in: LK 11. Aufl., § 168 Rn. 28; Rudolphi/Rogall, in: SK-StGB, § 168 Rn. 5) vertretene Gegenansicht ist mit dem allgemeinen Sprachgebrauch nicht vereinbar. Sie überschreitet die Wortsinngrenze und führt damit zu einer gegen Art. 103 Abs. 2 GG verstoßenden strafbegründenden Analogie." 6

 

2. Die Wortlautgrenze steht nicht im Buch

<8>

Was fasziniert uns an Wörterbüchern? Zunächst schon die Prägnanz und Kürze der dort vorgefundenen Artikel, die einen Überblick über das unübersichtliche Feld der Sprache liefern. Schon die vielen Abkürzungen erinnern Juristen an den Palandt, der in ihrer Welt als das Buch der Bücher gilt. Auch strebt die Lexikografie bei ihrer Arbeit schon im Stil genau dieselbe Objektivität an wie die Juristen. Es stellt sich aber die Frage, wie man diese Objektivität auffassen soll. Findet man im Wörterbuch eine Abbildung des Sprachgebrauchs der Gegenwart? Das hätte für die Gerichte natürlich den Vorteil, dass man die Wortlautgrenze nicht mit schwierigen juristischen Argumenten begründen müsste, sondern das Problem via Lexikografie outsourcen könnte. Was also lässt sich einem Wörterbuch entnehmen?

<9>

Sehr viel und meistens mehr, als man gesucht hat:

"Die Sprache ist des Menschen Leben. Wenn das so ist, dann ist der Wortschatz sein Leben und folglich das Wörterbuch. Der Mensch (als soziales Wesen) hat den Eindruck, dass das Wörterbuch einen großen Teil seiner Selbst schwarz auf weiß einschließt, fixiert, nachschlagbar und überprüfbar macht. Das ist deshalb so wichtig, weil kein Mensch ein präsentes Bewusstsein seines sprachlichen Wissens hat. Ein Sprecher weiß, dass er viel weiß. Aber er kann sein Wissen nicht vor sich aufschlagen. Aufschlagen aber kann er das Wörterbuch. Das Wörterbuch ist die präsente Synopsis des versteckten sozialen Wissens." 7

Es handelt sich selbstredend nicht um das Wissen eines Jeden, nicht mal eines Einzelnen. Aber es handelt sich um eine Sammlung des Wissens Vieler. Wörterbücher ordnen also das kollektive Wissen. 8 Aber eine Sammlung ist nicht das Ergebnis ungefilterter Anhäufung aller auffindbaren Verwendungsweisen. Sie ist das Ergebnis einer Auswahl, womit das Wissen schon transformiert wird und eventuell auch Steuerungsimpulsen unterliegt. Lexikografen verstehen sich dann auch nicht als reine Informationsübermittler, sondern als Kulturwissenschaftler. 9 Dies kollidiert allerdings mit der Erwartung der Gerichte, welche gerade darin besteht, im Lexikon eine "Abbildung" des Sprachgebrauchs der Gegenwart zu finden.

<10>

Wenn man schon an Wörterbücher glauben will, sollte man auch an die Definition des Wörterbuchs im Wörterbuch glauben. Die Erklärung im Duden 1999 lautet:

"Nachschlagewerk, in dem die Wörter einer Sprache nach bestimmten Gesichtspunkten ausgewählt, angeordnet und erklärt sind."

Ein Wörterbuch ist also nach bestimmten Gesichtspunkten gestaltet. Es ist keine Schublade, worin schon vorher feststehende Informationen einfach eingeräumt werden. Dies wird auch in der Lexikologie genauso eingeschätzt:

"Lexikografie ist nicht nur die vermeintlich objektive Präsentation von sprachlichen Fakten, nicht nur interesseloses Zusammenstellen von Daten, sondern auch interessenverhaftetes Schreiben von Texten, damit geistige Verarbeitung von Daten zu neuen Informationen und damit Selektion; dies führt zu einem gezielten Angebot potentieller Information." 10

Schon die Sprache selbst ist nicht nur passiver Speicher, sondern auch aktive Konstruktion von Wirklichkeit. Dies muss natürlich auch für das Wörterbuch gelten, worin Sprache Objekt und Metasprache gleichzeitig ist. Der Umstand, dass jedes Wörterbuch mit Sachinformationen und Sprachinformationen arbeiten muss, die nur theoretisch getrennt werden können, macht die Notwendigkeit zu Entscheidungen bei der Artikelkonzeption ebenso deutlich. Fassbar werden die notwendige Auswahl und die sie tragenden Gesichtspunkte vor allem bei der Betrachtung von Wörterbuchtypen. Es gibt diachron-entwicklungsbezogene, synchron-zustandsbezogene, gesamtsprachbezogene oder varietätenbezogene, einsprachige oder mehrsprachige, um nur die wichtigsten Funktionen von Wörterbüchern zu nennen. 11

<11>

Wörterbücher haben aber nicht nur Einschränkungen aus ihrer Funktion. Entscheidungen beginnen bereits mit der Auswahl der Stichwörter und der Belege, sowie der Ausführlichkeit ihrer Darbietung. Vor allem aber bei der Konstruktion der Bedeutungsebene zeigt sich deren Notwendigkeit. Früher, als man diese Arbeit noch "händisch" vorgenommen hat, war dies erkennbar an der Bildung von Belegstapeln, die sich öfters mal während der Bearbeitung grundlegend veränderten. Zwar geht es häufig nur um Feinheiten, aber natürlich ist sowohl die Auswahl der Belege, als auch ihre anschließende Ordnung von der gesellschaftlichen und individuellen Prägung des Lexikografen und seiner professionellen Kompetenz abhängig. Hierzu kommen noch die wirtschaftlichen Interessen des Verlages, die über Seitenvorgabe und Preis zu vielfältigen Einschränkungen führen. Ein Wörterbuch ist also nicht einfach eine Abbildung sprachlicher Praxis, sondern viel eher eine Fortbildung. In seine Darstellung gehen viele Entscheidungen ein, die nicht nur Ausdruck der jeweiligen Kultur sind, sondern auch selbst kulturbildend wirken.

<12>

Am besten lässt sich dies am Beispiel eines Begriffes sehen, der schon zu seiner Zeit eine wissenschaftsgeschichtlich höchst zweifelhafte Konstruktion war und seine Durchsetzung nur der massiven Einwirkung politischer und staatlicher Interessen verdankt. Der Begriff Arier, erläutert nach Meyers Kleinem Lexikon, ordnet sich in einen ideologischen Aufbruch ein und erklärt seinen Inhalt vor allem aus der Sphäre des Rechts:

"Arier, 1. sprachwissenschaftl. Begriff für Ostindogermanen, die in Iran u. Indien einwanderten u. sich ‚Arya’ (edel) nannten. – 2. (rassenpolitisch) (arisch, teutonisch, germanisch) im Gegensatz zur semitischen, besonders jüdischen Rasse gebraucht. Die Gesetzgebung der nationalsozialist. Revolution schloss die Nichtarier fast völlig aus dem öffentl. u. dem kulturellen Leben aus (Arier-Paragraf). Nichtarier ist nach der 1. VO zur Durchführung des Ges. zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums vom 11.04.1933: wer von Nicht-Arischen, bes. jüd. Eltern od. Großeltern abstammt; es genügt, wenn ein Eltern- oder ein Großelternteil nicht arisch (bes. jüd.) ist. Als Abstammung gilt auch die außereheliche Abstammung (VOv 06.05.1933)." 12

Natürlich gibt es Wörter, die besonders anfällig für sprachlenkende Maßnahmen sind und entsprechende totalitäre Ordnungen, die sich dessen annehmen. Heute sind wir glücklicherweise nicht in dieser Situation. Aber trotzdem wird an solchen Beispielen deutlich, dass

"die Benutzung von Nachschlagewerken, insbesondere die von Sprachwörterbüchern, (...) eine intendierte oder nichtintendierte Beeinflussung des Benutzers im Sinne bestimmter gesellschaftlicher und/oder staatlicher Interessen zur Folge haben (kann)." 13

Die Objektivität, welche die Lexikografie kennzeichnet, ist also keine, die uns die versionslose Beschreibung der Sprache liefern könnte. Sie ist eine, die ihre Vorschläge für semantische Erläuterungen über Belege diskutierbar macht. Kein Lexikograf würde beanspruchen, die Wortlautgrenze zu ziehen. Nur manche Juristen glauben dies. Wenn sie aber das Wörterbuch einer juristischen Begriffsbildung entgegenhalten wollen, finden sie genau in diesem Wörterbuch die Beispiele des juristischen Gebrauchs. So hat man etwa den weiten Gewaltbegriff des BGH im Rahmen der Nötigung unter Hinweis auf den natürlichen Sprachgebrauch kritisieren wollen. 14 Aber die Wörterbücher hatten diesen weiten Gewaltbegriff aus der Rechtsprechung längst in ihre Belegsammlung aufgenommen. 15 Es sind also nicht nur politisch geprägte Worte wie "Arier", welche von der Sprachkraft der Jurisprudenz geformt werden. Es gilt für alle Wörter.

<13>

Damit zeigt sich ein wichtiges Kriterium wissenschaftlicher Lexikografie: Es liegt in der Behandlung sprachlicher Heterogenität und entsprechender Belege. In Meyers Kleinem Lexikon zum Begriff Arier fehlen Belege, welche den durchaus umstrittenen Begriff kritisieren. In modernen Wörterbüchern ist die Heterogenität der Begriffsverwendung und ihr umstrittener Charakter dagegen gerade dokumentiert. So findet man etwa bei "Gewalt" auch Hinweise auf die Kritik an dieser weiten Fassung. Gerade darin besteht die Objektivität eines Wörterbuchs. Erst der Hinweis auf die Vielfalt sprachlicher Varianten mit entsprechenden Belegen erlaubt es dann den Juristen zu entscheiden, welche Variante in den Zusammenhang des Rechts passt. Deswegen hat das Bundesverfassungsgericht den weiten Gewaltbegriff nicht mit dem Hinweis auf den natürlichen Sprachgebrauch zu Fall gebracht, sondern unter Hinweis auf die Systematik. In der juristischen Sichtweise, welche die Semantik des Gesetzes mit der grammatischen Auslegung und diese mit dem Lexikon gleichsetzen will, wird also die Objektivität der Lexikografie gerade verkürzt, statt sie zu nutzen.

 

3. Die Wortlautgrenze steht im Streit

<14>

Dieses Resümee der Arbeit von Lexikografen scheint ernüchternd. Jedoch legt die Erkenntnis deren Tätigkeit ein grundsätzliches Missverständnis der Juristen von Sprache und damit ihrer eigenen Tätigkeit offen. 16 Ebenso wie es dem Lexikografen aufgrund der Natur der Sprache unmöglich ist, die eine wahre Bedeutung des Wortes aus sich selber aufzudecken, so vermag auch der Jurist nicht die Eigenarten der Sprache zu umgehen. Er arbeite mit und durch die Sprache. Man kann die Situation eines Juristen, der nach der Bedeutung eines Rechtsbegriffes fragt, mit der eines Sprachwissenschaftlers vergleichen, der ein Wörterbuch erstellt. Beide sammeln gelungene Gebrauchsbeispiele. Der Jurist macht dies mit Hilfe der Auslegungsregeln. Beispiele, die ihm ohne Nachdenken einfallen, ordnet er der grammatischen Auslegung zu. Um weitere zu finden hat er als Suchstrategien die Systematik, Entstehungsgeschichte, Vorläufernormen und Zweck. Über die Kommentare findet er Vorentscheidungen und wissenschaftliche Stellungsnahmen, die diese Suchstrategien schon angewendet haben. Der Sprachwissenschaftler dagegen entwickelt einen Thesaurus je nach dem Zweck seines Wörterbuchs, um die zu Grunde gelegten Corpora auszuwerten. Obwohl auf den ersten Blick verschieden, machen doch beide das gleiche: Sie verknüpfen gelungene Gebrauchsbeispiele. Damit kann man die Gesetzesbindung als Intertextualitätsproblem reformulieren.

<15>

Die Frage nach der Bedeutung stellt die Gerichte also vor eine Vielzahl von Möglichkeiten. Hier geht es ihnen nicht anders als denjenigen, die ein Wörterbuch erstellen – sie verzweifeln zunächst an der Komplexität der Sprache. Aber wiederum ähnlich wie Lexikologen, die ihre Befunde dann gewichten und nach Fragestellungen ordnen, kennen auch die Juristen eine Strategie, um diese Komplexität abzuarbeiten: Es ist dies die Argumentation der Beteiligten im Verfahren. Die Verwendung von Wörterbüchern und Kommentaren ist insoweit Einstieg in die Debatte und nicht deren Grenze. Die Grenzziehung erfolgt durch Argumentation im Verfahren.

<16>

Erkennt man Semantik als eine Praxis an, so bleibt nichts anderes übrig, als das semantische Modell einer isolierten Gegenstandserkenntnis pragmatisch zu öffnen. An die Stelle der beiden Pole des richterlichen Bewusstseins und des Normtextes ist die multipolare Beziehung des Verfahrens zu setzen. Man muss überprüfen, ob die von den streitenden Parteien geltend gemachten Verknüpfungen einer normativen Bewertung standhalten, oder anders formuliert, ob sie zu einer Traditionslinie verknüpft werden können, die auch künftigen Bewertungen standhalten wird.

<17>

Damit ist für die Wortlautgrenze "nicht auf eine lexikalisch mögliche Bedeutung, sondern auf die aktuelle Bedeutung der Worte des Gesetzes abzustellen". 17 Diese ist vielstimmig. Dann aber kann man sich auch nicht mehr auf Regeln oder Konventionen berufen. Steht Bedeutung erst einmal in Frage, wie es die semantische Grundsituation des Rechtsstreits ausmacht, dann kann man sie nicht erkennen. Aktuale Bedeutung lässt sich dann gerade nicht mehr für die Verwendung eines Ausdrucks anhand von Konventionen oder Regeln "feststellen". Aktualität und Konventionalität von Bedeutungen prallen im Rechtsstreit aufeinander. Und die Aufgabe des Juristen besteht darin, diesen Konflikt zu bewältigen.

<18>

Das Gericht muss jene Säulen, die als Wortlaut seine Entscheidung tragen sollen, erst errichten. Sie tragen nicht das Spiel. Sie sind im Spiel. Schärfer noch, sie stehen auf dem Spiel. Natürlich liegt darin,

"die Paradoxie, dass sich juristische Textarbeit die Grenze erst selbst zu ziehen hat, der sie unterworfen und an der sie zu messen ist". 18

Es handelt sich dabei aber um die Grundparadoxie von Recht. Mit dem Verfahren ist das Gesetz durch die widerstreitenden Lesarten der Parteien im Streit. Gleichzeitig müssen sich aber die streitenden Parteien beide auf genau dieses Gesetz beziehen. Auflösen kann man diese Paradoxie nur, wenn sie im Streit des Verfahrens entfaltet wird. 19 Für die Frage nach einer Grenze heißt dies, dass sie gerade nicht mit einer im Text enthaltenen Norm beantwortet werden kann. Vielmehr markiert diese Grenze das Ziel für die Semantisierung des Normtextes. Damit besagt jene Paradoxie nichts anderes, als dass die Frage der Wortlautgrenze unvermeidlich eine solche des Verfahrens ist: des Vorgangs der Erarbeitung des Normprogramms und des Textes der Rechtsnorm aus den Sprachdaten. Die Frage nach der Wortlautgrenze kann nicht auf einen Fixpunkt außerhalb der juristischen Arbeit an Sprache verlagert werden.

<19>

Der "Wortlaut" ist also keine durch die Norm gegebene Grenze. Vielmehr demarkiert er als Arbeit daran eine Grenze zur Norm. Dieses Verhältnis ist daher ein internes. 20 Denn

"eine solche Grenze ist in der Sprache zu errichten. Sie ist praktizierte Sprache. Und sie ist genau damit auch nicht ein Problem, das immer schon gelöst wäre, sondern eines, dass der juristischen Praxis immer wieder aufgegeben ist." 21

Deswegen muss die Rationalität der Rechtsarbeit institutionell abgestützt werden:

"Durch Organisation und Verfahren, die Raum und Anlass bieten für einen mit Gründen arbeitenden Rechtsdiskurs. Wenn Recht konventionalistisch sprachlich geschaffen wird, so sollte dies auch in Rede und Gegenrede geschehen, aus der sprachlichen Kommunikation heraus entstehen und nicht monologisch gesetzt werden. Die Rationalitätschancen des Dialogs sollten in den rechtlichen Bestimmungsprozess eingebracht werden. Von daher ist die Mündlichkeit der Gerichtsverhandlung zu pflegen, von daher ist das Einzelrichtertum, das leider zunehmend um sich greift, kritisch zu sehen." 22

 

4. Die Wortlautgrenze als wirksame Fiktion

<20>

Das Urteil vollzieht weder die Erkenntnis einer objektiv vorgegebenen Bedeutung, noch trifft es eine Entscheidung aus dem normativen Nichts. Und ob es seine Aufgabe angemessen löst, ist nicht an einer objektiven Erkenntnisinstanz zu messen. Diese Frage ist vielmehr daran zu messen, ob es ihm gelingt, aus den vorgetragenen Argumenten im Verfahren und den vorliegenden Präjudizien eine Entscheidung zu treffen, die sich mit diesen beiden Vorgaben verträgt.

 

4.a) Sprache und Gewalt

<21>

Die Festlegung einer Wortlautgrenze ist illegitimer Zwang, wenn die vorgetragenen Argumente der Parteien nicht aufgenommen werden. Es ist aber legitime Autorität, wenn es die Geltung 23 dieser Argumente berücksichtigt. Die Begründung kann die Legitimität des von den politischen Instanzen geschaffenen Gesetzestextes auf das einzelne Urteil übertragen 24, indem sie die zugrunde gelegte Lesart des Gesetzes an den im Verfahren vorgetragenen Argumenten überprüft. Die vom Gericht verwendete Lesart muss gelten, das heißt, sie muss schlüssig begründet werden und alle relevanten Gegenargumente integriert oder widerlegt werden. 25 Dann ermöglicht sie einen Legitimitätstransfer. Solange und soweit es an einer durchgängigen Begründungskette für die im Ergebnis favorisierte Lesart des Gesetzes fehlt oder Argumente gegen diese Lesart nicht zugelassen oder das Ergebnis nicht durch deren Widerlegung bzw. Integration in Geltung versetzt wurde, handelt es sich um reine, sprachlich nicht vermittelte Gewalt.

 

4.b) So tun, als ob

<22>

Die Entscheidung wird vernetzt mit dem Gesetz als Zurechnungspunkt und kontrolliert durch die in der Begründung geforderte Aufnahme der Argumentation der Beteiligten. Der Richter verbindet die Entscheidung des Einzelfalls mit dem Gesetz, indem er eine Regel formuliert, deren Einheit als Form unterstellt wird, ohne konkret verfügbar zu sein. 26 Es handelt sich also um eine Praxis, die im jeweiligen Einzelakt fortgeschrieben wird, ohne dass die Einheit all dieser Akte schon verfügbar wäre. Nur so kann Recht aus einer sich selbst stabilisierenden Praxis entstehen. Der Zusammenhang beruht auf einzelnen Episoden. Die Menge der bereits gelungenen Kommunikationserfahrungen bildet sozusagen ein Corpus von Präzedenzfällen, der betrachtet wird, als ob er eine Einheit bilden könnte. Man versucht, die gegenwärtige Kommunikation an die Kette bereits gelungener Kommunikation anzuschließen. Dabei könnte es nun so aussehen, als sei die in der Vergangenheit liegende Kette früherer Episoden vollkommen dem Urteil der Gegenwart ausgeliefert. Denn der gegenwärtige Sprecher muss ja aus der Vielzahl widersprüchlicher Kommunikationsepisoden diejenigen auswählen, die er für gelungen hält. Aber da der gegenwärtige Sprecher von seinem Gegenüber verstanden werden will und seine Leistung selber als gelungenes Kommunikationshandeln anerkannt werden soll, werden seine Möglichkeiten eingeschränkt. Die Herrschaft der Gegenwart über die Vergangenheit über die Auswahl wird relativiert durch ihr Anliegen, von der Zukunft anerkannt zu werden. Aber weil diese Herrschaft eben nicht aufgehoben wird, muss sie kontrolliert werden durch die Argumentation im Verfahren, Begründungspflicht, Rechtsmittel und wissenschaftliche Kritik.

<23>

Damit entwickelt sich Recht über Konfirmierung und Kondensierung von Sinn. Die Struktur ist nicht fest, sondern ihre Einheit wird "als ob" gesetzt und damit unabhängig von den konkreten Idiosynkrasien der Kommunikationsteilnehmer. Es gibt kein Fundament des Rechts im starken Sinne. Recht beruht auf vergangener Kommunikation und eröffnet künftige. Keine der in der Vergangenheit liegenden einzelnen Episoden ist für sich gesehen sakrosankt:

"Denn die Bewertung dessen, was als Verständigung ermöglichende Tradition gilt, muss jedes Mal aufs Neue erfolgen. Einzelne Kommunikationsakte, die bisher als Teil der Tradition gegolten haben, werden eventuell im Licht neuer Äußerungen nachträglich als missglückt bewertet, andere, die bisher von der Tradition ausgeschlossen waren, nachträglich aufgenommen." 27

Aber sie müssen sich in den Zusammenhang eines "Gesetzes" stellen lassen, welches von diesen einzelnen Episoden ebenso konstituiert wird, wie es diese konstituiert.

<24>

Die Sprache ist dabei keine der Kommunikation vorgeordnete Regelmaschine, sondern sie entsteht aus der Verknüpfung gelungener Kommunikationserfahrungen und einer mitlaufenden normativen Bewertung. Sie ist also tatsächlich dem Sprechen vorgeordnet, aber nicht so wie Gebirge und Flüsse, sondern so wie eine Institution, die wir ständig in unserem Handeln reproduzieren müssen. Sie ist kein Naturgegenstand, sondern ein Phänomen der dritten Art, wie auch der Markt.

 

4.c) Die Wortlautgrenze als semantische Praxis

<25>

Wenn die Wortlautgrenze in der Sprache nicht vorgegeben ist, stellt sich die Frage, wie die Gesetzesbindung noch funktionieren kann. Offensichtlich ist Gesetzesbindung eine Fiktion. Aber Fiktion heißt, so tun als ob. Gerade in diesem Tun liegt die gesuchte Bindung, welche dann allerdings nicht semantisch, sondern nur pragmatisch zu beschreiben ist. 28 Die Bindung an das Gesetz wandert durch Textstufen und diese sind zu beobachten.

<26>

Niemand darf in einer Sprache beurteilt werden, deren Inhalt schon vorher festliegt. Der Betroffene muss an der Erfindung der für die Problemlösung erforderlichen Sprache mitwirken. Der Inhalt des Gesetzes ist also nicht objektiv vorgegeben. Wir können ihn aber auch nicht dem einzelnen Richter überlassen. Denn dieser darf nur in fremdem Namen entscheiden. Er kann seine Sprache nicht an die Stelle der divergierenden Sprache der Parteien setzen. Er muss eine dritte Sprache erfinden, die weder seine eigene, noch die der Parteien ist. Sie muss sich ergeben aus dem Streit des Verfahrens. Diese dritte Sprache ist also nicht neutral, sondern entsteht im semantischen Kampf. Auch die Teilung der Gewalt gehört also zur Geschichte ihres Wirkens. Recht wird gebrochen. Das ist nicht durch hermeneutische Umsicht zu vermeiden. Denn immer neue Fälle wollen entschieden werden, und deshalb muss das Recht mit seiner Vergangenheit brechen. Aber dieser Bruch des Rechts kann verschieden aussehen. Entweder er definiert den Inhalt des Gesetzes unabhängig von den Verfahrensbeteiligten, oder er lässt sich diesen Inhalt durch den Streit der Beteiligten vorgeben. Die Gesetzesbindung des Richters erlegt ihm also Verantwortung auf. Er kann nicht mit Hilfe einer Regel entscheiden, sonst wäre es keine Entscheidung. Er kann auch nicht ohne Regel entscheiden, sonst wäre es kein Recht. Worin liegt also die Bindung des Richters mit "ohne Regel"? Sie liegt darin, dass wir das Gesetz als Form unterstellen und über seinen Inhalt immer wieder streiten.  


5. Bibliografie

ALEXY 1996 = Robert Alexy: Theorie der juristischen Argumentation, 3. Auflage; Frankfurt am Main: Suhrkamp 1996.

AWOSUSI 1998 = Anita Awosusi (ed.): Stichwort: Zigeuner. Zur Stigmatisierung von Sinti und Roma in Lexika und Enzyklopädien; Heidelberg: Wunderhorn 1998.

BÄR 1998 = Jochen A. Bär: "Zigeunerstereotype in Dialekt- und Mundartwörterbüchern des Deutschen." In: Awosusi 1998, 45–70.

BRANDOM 1999 = Robert Brandom: "Pragmatische Themen in Hegels Idealismus." In: Deutsche Zeitschrift für Philosophie 47/1999, 355 ff.

BUSSE 1991a = Dietrich Busse: "Der Bedeutungswandel des Begriffs 'Gewalt' im Strafrecht." In Dietrich Busse (ed.): Diachrone Semantik und Pragmatik; Tübingen: Niemeyer 1991, 259 ff.

BUSSE 1991b = Dietrich Busse: "Juristische Fachsprache und öffentlicher Sprachgebrauch. Richterlich Bedeutungsdefinitionen und ihr Einfluss auf die Semantik politischer Begriffe." In Frank Liedke, Martin Wengeler, Karin Böke (eds.): Begriffe besetzen. Strategien des Sprachgebrauchs in der Politik; Opladen: Westdt. Verlag 1991, 160 ff.

CHRISTENSEN/KUDLICH 2001 = Ralph Christensen, Hans Kudlich: Theorie richterlichen Begründens [Schriften zur Rechtstheorie]; Berlin: Duncker & Humblot 2001.

CHRISTENSEN/SOKOLOWSKI 2001 = Ralph Christensen, Michael Sokolowski: "Die Bedeutung von Gewalt und die Gewalt von Bedeutung." In Friedrich Müller, Rainer Wimmer: Neue Studien zur Rechtslinguistik [Schriften zur Rechtstheorie]; Berlin: Duncker & Humblot 2001, 203 ff.

CHRISTENSEN 1989 = Ralph Christensen: Was heißt Gesetzesbindung? Berlin: Duncker & Humblot 1989.

DUDEN 1999 = Wissenschaftlicher Rat der Dudenredaktion (ed.): Duden. Das große Wörterbuch der deutschen Sprache in 10 Bänden; 3., völlig neu bearbeitete und erweiterte Auflage; Mannheim u.a.: Dudenverlag 1999.

EHRENZELLER et al. 2008 = Bernhard Ehrenzeller, Peter Gomez, Markus Kotzur, Daniel Thürer, Klaus A. Vallender (eds.): Präjudiz und Sprache, Zürich/St. Gallen: Dike 2008.

FORGÓ 1994 = Nikolaus Forgó: "Gewalt ist, was Gewalt ist." In: Juridicum 2/2008, 35 ff.

HAUSMANN 1989a = Franz Josef Hausmann: "Die gesellschaftlichen Aufgaben der Lexikografie in Geschichte und Gegenwart ." In: Wörterbücher, Band. 1 [Handbücher zur Sprach- und Kommunikationswissenschaft (HSK); 5]; Berlin: de Gruyter 1989, 1-18.

HAUSMANN 1989b = Franz Josef Hausmann: "Das Wörterbuch im Urteil der gebildeten Öffentlichkeit in Deutschland und in den romanischen Ländern." In: Wörterbücher, Band. 1 [Handbücher zur Sprach- und Kommunikationswissenschaft (HSK); 5]; Berlin: de Gruyter 1989, 19-28.

KLATT 2004 = Matthias Klatt: Theorie der Wortlautgrenze - Semantische Normativität in der juristischen Argumentation; Baden-Baden: Nomos 2004.

KOCH 1977 = Hans-Joachim Koch: "Über juristisch-dogmatisches Argumentieren im Staatsrecht." In derselbe: Die juristische Methode im Staatsrecht; Frankfurt am Main: Suhrkamp 1977, 15 ff.

KUDLICH 2008 = Hans Kudlich: "Die Goldsucher im Krematorium ... - Störung der Totenruhe durch Zahngoldentnahme nach Einäscherung." In: Juristische Arbeitsblätter (JA) 05/2008, 391 f.

KUDLICH 2010 = Hans Kudlich: "Sterben und Leben in Franken ... - nochmals: unbefugte Entnahme von Zahngold nach der Einäscherung." In: Juristische Arbeitsblätter (JA) 03/2010, 226f.

KÜHN 1989 = Peter Kühn: "Typologie der Wörterbucher nach Benutzungsmöglichkeiten." In: Wörterbücher, Band. 1 [Handbücher zur Sprach- und Kommunikationswissenschaft (HSK); 5]; Berlin: de Gruyter 1989, 111-27.

LIPTOW 2007 = Jasper Liptow: "Das Fallrecht als Modell sprachlicher Praxis." In: Friedrich Müller (ed.): Politik, [Neue] Medien und die Sprache des Rechts [Schriften zur Rechtstheorie (RT); 234]; Berlin: Duncker & Humblot 2007, 55 ff.

LOBENSTEIN-REICHMANN 1998 = Anja Lobenstein-Reichmann: "Das Bild des 'Zigeuners' in den Lexika der nationalsozialistischen Zeit." In: Awosusi 1998, 71 ff.

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MORLOK 2008 = Martin Morlok: "Neue Erkenntnisse und Entwicklungen aus sprach- und rechtswissenschaftlicher Sicht." In: Ehrenzeller et al. 2008, 27-74.

MÜLLER/CHRISTENSEN 200910 = Friedrich Müller, Ralph Christensen: Juristische Methodik - Band I: Grundlegung für die Arbeitsmethoden der Rechtspraxis, 10. Aufl.; Berlin: Duncker & Humblot 2009.

OLG BAMBERG NJW 2008 = OLG Bamberg NJW 2008: "Störung der Totenruhe durch Zahngoldentnahme nach Einäscherung." (Urteil des OLG Bamberg vom 29.01.2008 - 2 Ss 125/07); in: Neue Juristische Wochenschrift (NJW) 21/2008, 1543-7.

OLG NÜRNBERG NJW 2010 = OLG Nürnberg NJW 2010: "Verwahrungsbruch an Zahngold nach Einäscherung Verstorbener." (Beschluss vom 20.11.2009 - 1 St OLG Ss 163/09); in: Neue Juristische Wochenschrift (NJW) 28/2010, 2071-4.

REICHMANN 1988 = Oskar Reichmann: "Resümee der Tagung." In: Gisela Harras (ed.): Das Wörterbuch: Artikel und Verweisstrukturen. Jahrbuch 1987 des Instituts für Deutsche Sprache; Düsseldorf: Pädagogischer Verl. Schwann 1988, 394-408.

REICHMANN 2001 = Oskar Reichmann: "Lexikographie und Kulturgeschichte." In: Wolfgang Fleischner, Gerhard Helbig, Gotthard Lerchner (eds.): Kleine Enzyklopädie - Deutsche Sprache; Frankfurt am Main u.a.: Lang 2001, 144-177.

SCHNEIDER/ZEDELMAIER 2004 = Ulrich Johannes Schneider, Helmut Zedelmaier: "Wissensapparate. Die Enzyklopädistik der frühen Neuzeit." In: Richard van Dülmen, Sina Rauschenbach (eds.): Macht des Wissens. Die Entstehung der modernen Wissensgesellschaft; Köln/Weimar/Wien: Böhlau 2004, 349 ff.

TEUBNER 1999 = Gunther Teubner: "Ökonomie der Gabe – Positivität der Gerechtigkeit: Gegenseitige Heimsuchung von System und différance." In: Albrecht Koschorke, Cornelia Vismann (eds.): Widerstände der Systemtheorie; Berlin: Akademie Verlag 1999, 199 ff.

WIEGAND 1998 = Herbert Ernst Wiegand: Wörterbuchforschung. Untersuchungen zur Wörterbuchbenutzung, zur Theorie, Geschichte, Kritik und Automatisierung der Lexikografie; Berlin/New York: de Gruyter 1998.

WIMMER/CHRISTENSEN 1989 = Rainer Wimmer, Ralph Christensen: "Praktisch-semantische Probleme zwischen Linguistik und Rechtstheorie.", in Friedrich Müller (ed.): Untersuchungen zur Rechtslinguistik [Schriften zur Rechtstheorie (RT); 133], Berlin: Duncker & Humblot 1989, 27 ff.

WOHLRAPP 2008 = Harald Wohlrapp: Der Begriff des Arguments; Würzburg: Königshausen & Neumann 2008.

Fußnoten

1 OLG Bamberg NJW 2008; Anmerkung KUDLICH 2008: 391 f.

2 OLG Nürnberg NJW 2010; Anmerkung KUDLICH 2010: 226.

3 OLG Bamberg NJW 2008, 1544.

4 OLG Bamberg NJW 2008, 1546.

5 OLG Nürnberg NJW 2010, 2071 ff., im Urteil Rn. 28, S. 11.

6 OLG Nürnberg NJW 2010: 2074; im Urteil Rn. 29, S. 12.

7 HAUSMANN 1989b: 20.

8 SCHNEIDER/ZEDELMAIER 2004: 349.

9 Vgl. dazu grundlegend REICHMANN 1988: 395.

10 WIEGAND 1998, 60.

11 Vgl. dazu REICHMANN 2001: 51; HAUSMANN 1989a: 6; KÜHN 1989: 116.

12 Meyers Kleines Lexikon 1933: 102. Ähnliches und noch Drastischeres ließe sich natürlich in anderen Wörterbüchern etwa am Stichwort "Jude" zeigen oder in einer vorbildlichen Analyse: LOBENSTEIN- REICHMANN 1998 und BÄR 1998.

13 WIEGAND 1998, 61.

14 Vgl. dazu WIMMER/CHRISTENSEN 1989; CHRISTENSEN/SOKOLOWSKI 2001.

15 Vgl. dazu BUSSE 1991b. Der Terminus "Gewalt" taucht in 27 Normtexten des deutschen StGB auf. Einen Überblick über die uneinheitliche Auslegung gibt BUSSE 1991a; s.a. FORGÓ 1994.

16 Vergleich zur juristischen Sicht auf linguistische und sprachphilosophische Bedeutungstheorien: KOCH 1977: 58 ff. Die Wendungen im Normtext führen zu Wortgebrauchsregeln, welche korrektes Sprechen ermöglichen und die Grenzen des Gesetzes definieren: "Wortgebrauchsregeln geben an, welche Eigenschaften (M) ein Objekt (x) erfüllen muss, damit es unter einen Gesetzesbegriff (T) fällt."Weiter: KLATT 2004: 70, der seinerseits ALEXY 1996: 279f zitiert. Kritik an diesem Ansatz CHRISTENSEN/KUDLICH 2001: 58 ff.

17 KLATT 2004: 37.

18 MÜLLER/CHRISTENSEN 2009, Rn. 532.

19 Zu diesem "re-entry": TEUBNER 1999.

20 CHRISTENSEN 1989: 269 ff.

21 MÜLLER/CHRISTENSEN 2009, Rn. 532.

22 MORLOK 2008: 74.

23 Vgl. zu diesem Begriff in der heutigen Argumentationstheorie: WOHLRAPP 2008: 365 ff. Geltung heißt Einwandfreiheit, das heißt, alle Gegenargumente müssen entweder integriert oder widerlegt worden sein. Vgl. dazu ebd., S. 347 ff.

24 Vgl. CHRISTENSEN/KUDLICH 2001: 21 u. 330; sowie sodann zur Ausarbeitung des Ansatzes des Legitimationstransfers a.a.O., passim.

25 Zu den Grundoperationen des Argumentierens: WOHLRAPP 2008: 185 ff.

26 Vgl. dazu grundsätzlich BRANDOM 1999.

27 LIPTOW 2007: 66.

28 MORLOK 2008: 67 f.